Eingeladene Referent/innen u.a.:
Prof. Hajo Funke, Hajo Funke, Professor am Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin. Zwischen 1966 und 1971 Studium der Politikwissenschaft und der Soziologie an der FU. Beteiligung an der Studentenbewegung. Lehre und Forschung zu Industriesoziologischen Fragen, zur politischen Kultur und Fragen der Aufarbeitung des Nationalsozialismus in Deutschland. Forschung zur EmigrationAdresse
Freie Universität Berlin, Institut für Politik und Sozialwissenschaften, Ihnestrasse 20, Zimmer 220, 14195 Berlin, Email: hfunke@zedat.fu-berlin.de
Beitrag
Vortrag von 30 Minuten und einstündige GesprächOhne Angst verschieden sein. Auswege aus rechtsextremem Denken und Fühlen?
In meinem Vortrag möchte ich am Beispiel von Aussteigern aus der rechtsextremen Szene und einer Gruppe, die rechtsextremen Gewalttaten, verständlich machen, wie Jugendliche in die rechte Szene von Gewalt und Fremdenfeindlichkeit geraten. Besonders bemerkenswert ist ja, wie selbst nationalsozialistische Ideologieelemente dabei aufgegriffen werden.
Ich zeige, wie (1) Erfahrungen aus autoritärer, das Kind abweisender Erziehung und ideologische Angebote (sozialdarwinistischer) Stärke eine neue prekäre Identität geboten haben, die bereitwillig aufgegriffen wurde. Rechtsextreme Gruppen oder Organisationen bieten solchen Jugendlichen die „Chance“ zur unbelasteten Abfuhr von rassistisch aufgeladener, aggressiven Spannungen,.
(2) die andere Interessen und Wünsche nach einem entspannten sozialen Leben in Individuen und Gruppen zurückdrängen und abwehren, bis sie selbst aufgrund von Frustrationen und Enttäuschungen mit Ideologie und Gruppe ausbrechen (können).
(3) An diese Widersprüche zwischen ideologischen Unsinn einer andere und sich selbst zerstörenden Praxis einerseits und dem Wunsch nach einem zufriedenen Leben andererseits knüpfen pädagogische Angebote gegen Rechtsextremismus, Nationalismus und Antisemitismus an, die oft dann erfolgreich sind, wenn sie Jugendliche mit dem ideologischen Unsinn konfrontieren und sie doch in ihren anderen Wünschen nach einem sozial zufriedenstellenden Lebenden.
In Vortrag und Gespräch füge ich neuere Ergebnisse zur Kindheits- und Sozialisationsforschung ein, die zeigen können, das kontinuierliche Zuwendung von Erwachsenen (und nachvollziehbare Grenzsetzungen) in Familie, Kindergarten und Schule destruktiv-aggressive Entgleisungen präventiv vermeiden können. Dies richtet sich gegen Vorstellungen eines Lobs von Strafe und Disziplin.
Bei Menschen, die sich von autoritären Erfahrungen und Organisation zurückziehen, sind es wie in meinen Beispielen neben Erfahrungen gesellschaftlicher Sanktionen (neue) Erfahrungen von Liebesbeziehungen oder Erfahrungen mit Kindern sowie die Hilfe von Freunden, die zum Ausstieg aus destruktiven autoritären Organisationen und in ein anderes soziales Leben führen. Dabei werden Formen gegenseitige Anerkennung ohne Angst verschieden zu sein erlebt. Sie tragen zu anderen freundlicheren Bildern von sich und anderen auf dem Weg zu einer anderen, sozial bezogenen Identität bei. Damit sind sie ein Beitrag zur innergesellschaftlichen Konflikttransformation.
(Vgl. H. Funke: Paranoia und Politik. Berlin 2002)
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